„Besonders in Nordrhein-Westfalen sind erst in den letzten Jahren mit starker politischer Unterstützung viele moderne und damit höchst effiziente Steinkohlekraftwerke gebaut und in Betrieb genommen worden. Viele davon sind mit Blick auf Klimaschutz und Versorgungssicherheit mit starker kommunaler Beteiligung errichtet worden. Nach den Plänen der Bundesregierung droht diesen Kraftwerken nicht nur eine deutlich verkürzte Betriebsdauer, sondern auch eine entschädigungslose Stilllegung. Dies wird zu Wertberichtungen in Millionenhöhe bei den Anteilseignern führen und damit deren Möglichkeiten weiter aktiv die Energiewende voranzutreiben behindern,“ sagt Sven Becker, Landesvorsitzender des BDEW NRW und Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke-Kooperation Trianel.
Mit dem jetzigen Gesetzesentwurf käme bereits in der ersten Hälfte der 2030er Jahre das Ende der Steinkohleverstromung. Insbesondere moderne und effiziente Steinkohlekraftwerke der jüngsten Generation werden zu diesem Zeitpunkt weniger als 20 Jahre im Betrieb gewesen sein. Das ist weder klimapolitisch noch volkswirtschaftlich nachvollziehbar.
Dazu Guntram Pehlke, Vorsitzender des Vorstandes der VKU-Landesgruppe NRW und Vorstandsvorsitzender der DSW21 Dortmunder Stadtwerke AG sowie Aufsichtsratsvorsitzender der STEAG GmbH: „Die kommunale Energiewirtschaft würde für die noch vor kurzem politisch gewollten Investitionen in neue und hochmoderne Steinkohlekraftwerke erheblich benachteiligt. Das hätte deutliche Auswirkungen auf die weiteren Zukunftsinvestitionen von Stadtwerken in die Energiewende. Die derzeitigen Pläne stellen einen gravierenden Vertrauensverlust dar. Sie schwächen ausgerechnet die Investitionsfähigkeit der Stadtwerke, die gemeinsam mit ihren kommunalen Trägern den dringend erforderlichen Umbau der Energieversorgung in NRW und die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge finanzieren müssen.“
Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes werden in vielen Teilen die Empfehlungen der WSB-Kommission nicht umgesetzt. Die Klimaschutzziele können so nicht im Einklang mit der Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit erreicht werden. Aufgrund der großen Betroffenheit des Energie- und Industriestandortes NRW nehmen die Landesgruppen des BDEW und des VKU die am 6. März 2020 stattfindende erste Lesung des Gesetzes im Bundestag zum Anlass, deutliche Verbesserungen im parlamentarischen Verfahren anzumahnen. Dazu haben die beiden Landesgruppen als Beitrag zur faktenbasierten Diskussion heute ein Positionspapier mit konkreten Forderungen und Vorschlägen veröffentlicht. BDEW und VKU setzen darauf, dass es deutliche Veränderungen beim Steinkohleausstiegsgesetz geben wird, und werten es sehr positiv, dass beim Steinkohlegipfel Bereitschaft zur Nachbesserung des Gesetzes signalisiert wurde.
Kernforderungen von BDEW und VKU sind:
- Keine entschädigungsfreien gesetzlichen Stilllegungen, um Rechtssicherheit für den Wirtschaftsstandort NRW und auch ganz Deutschlands zu erhalten und den Schutz von Eigentumsrechten zu wahren
- Ausnahmeregelung für besonders junge, moderne Kraftwerke < 25 Jahre wie von der WSB-Kommission empfohlen
- Planungssicherheit bis Ende 2030 und unabhängig von der Anlagengröße schaffen sowie KWK-Ausbau mit dem Kohleausstieg synchronisieren
- KWK-Förderung nicht beschneiden
- Wechsel von Kohle auf Gas/EE attraktiver anreizen
- Einsatz klimafreundlicher Wärme erleichtern
Neben den finanziellen Risiken für die Kommunen in NRW verweisen die beiden Landesverbände auf die Herausforderungen in der Wärmeversorgung. In NRW sichern rund 3,5 Gigawatt Kraftwerksleistung die Strom- und Wärmeversorgung über Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und sparen damit erhebliche Mengen an CO2. Der größte Teil davon ist in kommunaler Hand. NRW hat im Bundesländervergleich die mit Abstand größte Fernwärmeversorgung.
Dazu kommt, dass die Bundesregierung zügig den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen muss. Die beiden Landesverbände fordern daher auch:
- Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen
- Ausbaukrise bei der Windenergie beenden, mehr Flächen ausweisen und Genehmigungsverfahren beschleunigen
- Ausbaukrise bei der Photovoltaik verhindern und den 52 GW-Deckel aufheben
- Zeitnahe Anhebung des Ausbauziels für Windenergie auf See auf 20 GW bis 2030